(received August 1995, revised December 1995)
First published in Web Journal of Modern Language Linguistics in association with the publishers (to be announced). © 1996 Anke Hübner.
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Die Textsorte Werbeanzeige und die deutsche Werbesprache haben sich in den letzten 40 Jahren stark verändert. Dieser Beitrag untersucht zwei Aspekte: das Frauenbild in der Werbung 1953 und 1993 sowie die Attribuierungen zur potentiellen Konsumentin damals und heute.
Die Bild- und Textanalyse von 107 themenrelevanten Anzeigenbeispielen (davon stammen 42 aus dem Jahre 1993) aus dem "Stern" ergibt 20 Kategorien, d. h. die potentielle Konsumentin wird in 20 verschiedenen sozialen Rollen gezeigt, die von der leidenden Frau über die wohlriechende, hygienisch reine, berufstätige, emanzipierte und romantische Frau bis zur Frau als Sexobjekt, Mutter, Hausfrau, Ehefrau und Rentnerin reichen.
Insgesamt gesehen ist eine Entwicklung von der informativen Werbeanzeige mit einfacher, expliziter Sprache zum modern-hintergründigen Werbestil mit komprimierter, implikativer Ausdrucksweise erkennbar.
1. Zum Forschungsgegenstand
2. Material und Methode
3. Ergebnisse und Diskussion
3.1. Das Frauenbild in der Werbung
3.2. Die Werbesprache: Attribuierungen zur Frau 1953 und 1993
3.2.1. Die leidende Frau
3.2.2. Die Frau als Sexobjekt
3.2.3. Die geschminkte Frau
3.2.4. Die eingecremte Frau
3.2.5. Die Frau als Hausfrau
3.2.6. Die berufstätige Frau
3.2.7. Die schlanke Frau
3.2.8. Die Frau als (werdende) Mutter
3.2.9. Die wohlriechende Frau
3.2.10. Die Frau als Partygirl
3.2.11. Die Frau als Partnerin
3.2.12. Die bildungshungrige Frau
3.2.13. Die hygienisch reine Frau
3.2.14. Die aktive Frau
3.2.15. Die emanzipierte Frau
3.2.16. Die romantische Frau
3.2.17. Die 'haargepflegte' Frau
3.2.18. Die 'unterbekleidete' Frau
3.2.19. Die Frau als Ehefrau
3.2.20. Die Frau als Rentnerin
4. Schlußbemerkung und Ausblick
5. Bibliographie
Werbekommunikation ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet par excellence. Für die Linguistik sind insbesondere die Veränderung der Textsorte Werbeanzeige und der Wandel in der werbespezifischen Sprachverwendung interessant.
Wissenschaftliche Untersuchungen beschäftigen sich seit Vance Packard (1957:3ff.) und Ruth Römer (1968:234ff.) mit Werbung bzw. der Werbesprache und definieren Werbekommunikation häufig negativ als Überredung oder Manipulation bzw. zweckbestimmte Beeinflussung der Adressaten durch den kommunikativen Akt.
Der amerikanische Soziologe Vance Packard protestiert gegen tiefenpsychologische Werbemethoden und behauptet in seinem Buch The Hidden Persuaders, daß der potentielle Konsument von den geschäftstüchtigen Unternehmern und ihren Werbeleuten, den "Überrednern", auf tiefenpsychologischem Wege manipuliert würde. Er schreibt (1957:3f.):
This book is an attempt to explore a strange and rather exotic new area of modern life. It is about the way many of us are being influenced and manipulated - for more than we realize - in the patterns of our everyday lives. Large-scale efforts are being made, often with impressive success, to channel our unthinking habits, our purchasing decisions, and our thought processes by the use of insights gleaned from psychiatry and the social sciences. Typically these efforts take place beneath our level of awareness; so that the appeals which move us are often, in a sense, "hidden". (...) The use of mass psychoanalysis to guide campaigns of persuasion has become the basis of a multimillion-dollar industry. Professional persuaders have seized upon it in their groping for more effective ways to sell us their wares - whether products, ideas, attitudes, candidates, goals, or states of mind.
In der ersten großen Untersuchung zur deutschen Werbesprache geht die Germanistin Ruth Römer nicht auf die Struktur von Werbeanzeigen ein, sondern analysiert die sprachliche Seite der Werbung. Nach der Auswertung umfangreichen sprachlichen Materials aus Werbetexten der 60er Jahre stellt die Autorin die Frage nach den Wirkungen der Werbesprache, die sie als Vehikel "in jeder Propaganda und speziell in der Warenpropaganda" sieht. (Römer 1968:234). Der letzte Satz ihres Buches lautet (236):
Hinter allen Untersuchungen dieser Art fällt ein Blick auf das große, noch unerforschte Problem, wieso und wie Sprache überhaupt dazu benutzt werden kann, den Willen eines Menschen in eine Richtung zu lenken, die er von sich aus nicht einschlägt.
Zehn Jahre nach Ruth Römers Buch erscheint Bernhard Sowinskis Darstellung der Wirtschaftswerbung. Auch er beurteilt Werbeanzeigen und -sendungen negativ als "eine wichtige Form der gezielten Informationsvermittlung, Bewußtseins- und Verhaltenssteuerung" (1979:9). Sein Buch bietet auch ein Kapitel "Werbung im Deutschunterricht", gedacht "für die pädagogischen Disziplinen", als deren Aufgabe er es sieht (1979:9),
die Werbevorgänge systematisch zu erfassen und kritisch darzustellen und diese Erkenntnisse so weiterzuvermitteln, daß möglichst viele die Vorgehens- und Wirkweisen der Werbung durchschauen, um nicht von ihnen manipuliert zu werden.
Eine umfassende, informative und wertfreie Einführung in das Thema versuchen zwei Werke, die als Lehr- und Arbeitsbücher für das Deutschstudium im In- bzw. Ausland konzipiert sind (Nusser 1975 und Cook 1992).
Neuere umfangreiche sprachwissenschaftliche Arbeiten lassen verschiedene Untersuchungsansätze erkennen, die sich häufig auf einen Teilaspekt der Werbekommunikation konzentrieren. Sie untersuchen zum Beispiel die Werbesprache als Zeichensystem (Bechstein 1987) oder werbetypische Textbausteine wie den Slogan (Grunig 1990). Diese Forschungsansätze stehen losgelöst nebeneinander. Sie versäumen, Werbetexte chronologisch als eine sich verändernde Textsorte und Werbesprache als eine sich wandelnde, eigenständige kreative Sondersprache zu beschreiben und zu analysieren.
Die Beschäftigung mit massenhaft verbreiteter Trivialliteratur gilt in der modernen Germanistik seit langem als etabliert, die Beschäftigung mit massenhaft verbreiteten Gebrauchstextsorten hat in den letzten Jahren eine dynamische Entwicklung genommen; dies gilt insbesondere für die Erforschung der Mediensprache. Chronologische Untersuchungen von Gebrauchstexten wie Werbeanzeigen sind jedoch bis heute ein Desiderat. Es darf davon ausgegangen werden, daß die chronologische Textsortenanalyse eine neue, vielversprechende wissenschaftliche Zugangsmöglichkeit zur Sprachgeschichtsforschung bedeutet.
Die Untersuchung von Textsorten gewinnt erst an Erkenntniswert, "wenn die Merkmale der Textsorte zugleich in ihrem Funktionswert - als von spezifischen Interessen abhängige und auf spezifische Wirkungen zielende - verstanden werden".(Nusser 1975:9). Als Haupt-Funktionswert vonWerbung wird von den meisten Autoren die Kaufaufforderung angegeben. Ulrich Engel sieht als Globalziel der Werbeanzeige "(zum Kauf) veranlassen, evtl. informieren", spezifiziert allerdings nicht, was der Einschub "evtl." bedeutet bzw. gibt keine weiteren Erklärungen, warum die Kaufveranlassung in Klammern gesetzt ist, und zu was anderem als dem Kauf der Rezipient veranlaßt werden soll. Anzeigen in Illustrierten werden näher beschrieben (1988:142-143):
Zwar gibt es [...], meist am Anfang und am Ende, schlagzeilenartige Kurzäußerungen. Aber die wesentlichen Informationen werden in diesen (oft ganz- oder sogar mehrseitigen) Anzeigen in vollständigen Verbalsätzen vermittelt. Der Umfang solcher Informationen kennt fast keine Grenzen; [...] Aufforderungen haben die Form von Infinitiv- oder Imperativsätzen.
Die Tatsache, daß die meisten modernen Werbeanzeigen nicht mehr informativ sind, und daß Aufforderungen - wenn überhaupt - dann hintergründig implizit gemacht werden, hat Engel übersehen.
Barbara Sandig nennt neben Teilhandlungen wie Präsentieren des Markennamens, Beschreibung und positive Bewertung des Werbegegenstandes die Kaufaufforderung als "Oberziel". Sie sieht aber auch den Unterhaltungswert der Werbung: "'unterhaltende'/ 'belustigende'/ 'interpretationsleistungsfordernde' [...] Elemente" (1986:174). Für Gabriele Bechstein ist die Übermittlung einer Werbebotschaft ein kommunikativer Prozeß. Sie sieht die "Intention der Werbung [...] nicht in der Weitergabe sachlicher Information allein, sondern in der Verbreitung subjektiver Inhalte, die einen Kaufanreiz erzielen sollen." (1987:11).
Guy Cook entwickelt die Wahrnehmung von Werbung als Kommunikationsprozess einen Schritt weiter und definiert Werbung als discourse type (1992:5f.):
Advertising as a discourse type [...]
Many people decide, when faced with the problem of defining the word 'ad', and trying to distinguish ads from similar discourse types, that the crucial distinguishing feature is function, because this is always to persuade people to buy a particular product. [...] there are a number of reasons to reject these popular definitions. Firstly, there are discourses described as 'ad', which do not sell anything, but plead or warn or seek support. [...] Secondly, there are discourses such as poems or songs, which become ads by bing used in a particular way [...]. Thirdly, even if the majority of ads have the function of persuading their addressees to buy, this is not their only function. They may also amuse, inform, misinform, worry or warn.
Cook sieht die werbliche Kommunikation als einen positiven Teil unserer modernen Mediengesellschaft. Er betont immer wieder die Komplexität von Werbebotschaften, wo Elemente wie Sender, Empfänger, außersprachliche und vorsprachliche Gegebenheiten, verbale und non-verbale Elemente in Zusammenhang stehen und interagieren (Cook 1992:3).
Die vorliegende chronologische Textsortenanalyse kann somit nur ein Versuch sein, die Veränderungen des Bild- und Textcodes von Werbebotschaften vor dem sozialpolitischen Hintergrund der Jahre 1953 und 1993 zu beschreiben. Diese Veränderungen werden am Beispiel der bildlichen und sprachlichen Darstellung der Frau in der Werbung untersucht. Werbung im allgemeinen und das Frauenbild im besonderen sind von den Interessen der Unternehmer und Politiker abhängig und zielen auf spezifische Wirkungen ab, mit dem Konsum als Endziel.
2. Material und Methode
Der vorliegende Forschungsbeitrag sieht Werbeanzeigen als zeitgebundene Äußerungen und eigenständige Textsorte und erkennt die Werbesprache als Sondersprache an.
Zwei Aspekte werden bei dieser Untersuchung als zentral angesehen: das werbespezifische Frauenbild 1953 und 40 Jahre später sowie der Wandel in der werbespezifischen Sprachverwendung, insbesondere die Attribuierungen zur Frau damals und heute. Diese Veränderungen erklären sich aus der Entwicklung der Gesellschaft der Nachkriegszeit zur hochtechnologischen Industrie-, Konsum- und Mediengesellschaft von heute.
Der Rahmen dieses Forschungsbeitrages und die Quantität des Werbeaufkommens zwingen zu einer Begrenzung des Materials. Dieser Notwendigkeit wird durch die Beschränkung der Analyse auf exemplarische Anzeigenbeispiele aus den ersten fünf Heften der deutschen Publikumszeitschrift "Der Stern. Die große Illustrierte" 1953 und "Stern Magazin" 1993 entsprochen. Die Auswahl der exemplarischen Anzeigen richtet sich nach ihrer Ergiebigkeit für die Untersuchung beider Aspekte. Insgesamt 107 Werbeanzeigen, die vom Bild und/oder Text her für das 'Frauenthema' relevant erscheinen, finden Eingang in die Analyse, nicht alle können im Rahmen dieses Beitrages beschrieben werden.
Das Textkorpus bilden Werbeanzeigen aus der Publikumszeitschrift "Stern" von 1953 und 1993, da der "Stern" seit 1949 existiert, unter den deutschen Zeitschriften die höchste Auflage hat, eine sehr große, heterogene Zielgruppe anspricht und die Werbeanzeigen eine breite Produktpalette abdecken (im Gegensatz zum Nachrichten-Magazin "Der Spiegel"). 1953 sind Werbeanzeigen meistens kleinformatig, wohingegen moderne Werbeanzeigen in der Regel ganzseitig sind, sie können sich aber auch über zwei bis acht Seiten erstrecken.
Wie bei anderen modernen Zeitschriften beläuft sich der Anteil der Werbung an der Seitenzahl der Jahresauflage 1993 auf etwas mehr als ein Drittel (37,7 %). Für die Jahresauflage 1953 fällt es schwer, einen Prozentsatz anzugeben, da sich häufig mehrere Kleinanzeigen neben anderen Texten auf einer Seite befinden.
Die folgenden Tabellen verdeutlichen das Gesamt-Werbeaufkommen in den untersuchten ersten fünf Heften beider "Stern"-Jahrgänge, informiert über die Anzahl der Werbeanzeigen pro Heft, in denen die Frau in Text und/oder Bild vorkommt und zeigt die Anzahl der zu dieser Untersuchung herangezogenen und analysierten Werbeanzeigen.
Tabelle 1
1953
| Heft 1
| Heft 2
| Heft 3
| Heft 4
| Heft 5
| Seiten
| 27
| 28
| 36
| 40
| 40
| Werbeanzeigen insgesamt
| 37
| 41
| 50
| 55
| 63
| themenrelevante Werbeanzeigen
| 13
| 11
| 20
| 19
| 24
| |
---|
Tabelle 2
1993
| Heft 1
| Heft 2
| Heft 3
| Heft 4
| Heft 5
| Seiten
| 128
| 140
| 136
| 156
| 172
| Werbeanzeigen insgesamt
| 44
| 39
| 53
| 67
| 73
| themenrelevante Werbeanzeigen
| 6
| 11
| 12
| 20
| 12
| |
---|
In den ersten fünf Heften des "Stern"-Jahrgangs 1953 sind von insgesamt 246 Werbeanzeigen 87 themenrelevant, d. h. in ungefähr 35 % der Werbeanzeigen sind Frauen in Text und/oder Bild präsent. 1993 finden sich insgesamt 276 Werbeanzeigen, von denen 61 Anzeigen als 'frauenspezifisch' kassifiziert werden dürfen, d. h. in ungefähr 22% des Werbeaufkommens sind Frauen ein 'Werbethema'. Obwohl das Gesamt-Werbeaufkommen in beiden "Stern"-Jahrgängen fast identisch ist (246 versus 276), gibt es im "Stern" 1993 verhältnismäßig wenig 'frauenspezifische' Werbeanzeigen (61 Anzeigen im Vergleich zu 87 im "Stern" 1953). Die sozioökonomischen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur Ende des 20. Jahrhunderts machen es unmöglich, Frauen in den traditionellen stereotypen Rollen abzubilden. Moderne Werbebilder verschwimmen zu irrealen, surrealen Darstellungen, in denen Menschen zweitrangig zu sein scheinen. Werden 1993 Frauen abgebildet, dann in undefinierbaren, diffusen Rollen. Die moderne Werbestrategie verfolgt damit zwei Ziele. Erstens wird eine sehr große Zielgruppe angesprochen, z. B. statt der Ehefrau wird in der modernen Werbung die Frau als Partnerin abgebildet, die von der potentiellen Konsumentin als Lebens-, Geschäfts-, Urlaubs-, Sexualpartnerin usw. interpretiert werden kann. Zweitens ist dies ein Schutz vor Anfeindungen und Kritik, z. B. durch den deutschen Werberat, das Kontroll-Organ der Werbewirtschaft.
Um Aussagen über beide Aspekte - das werbespezifische Frauenbild und die Attribuierungen zur Frau - zu erhalten, müssen Bild und Text der Werbeanzeigen untersucht werden. Es ist wichtig, die analysierten Werbeanzeigen als Ganzheit von Text und Bild zu begreifen, da Bild und Text der Werbeanzeige als Anzeigenbausteine einen engen Wirkverbund eingehen, in dem sie sich wechselseitig kommunikativ ergänzen (Sprach- und Bild-Code).
Nach Zielke (1991:65-92) sind folgende Textbausteine zu unterscheiden:
1. Key-Visual (= Produktabbildung)
2. Catch-Visual (= 'Bühne', auf der das Produkt abgebildet ist)
3. Headline und (falls vorhanden) Subheadline (= Überschrift und Unter- bzw. Zweitüberschrift)
4. Bodycopy (= Fließtext + Claim)
5. Slogan/ Logo-Slogan (= Werbespruchkonstante)
6. Logo (= Firmenname) sowie Artikelname und Marken-Emblem
7. Insert (= Einklinker)
8. Deranger (= 'Störer', besondere Variante des Inserts)
9. Antwort-Coupon bzw. Angabe von Adresse und/oder Telefon- bzw. Faxnummer
Die Benennung der Textbausteine erfolgt nach der Fachterminologie der Werbebranche. Für die Textsortenanalyse ist es notwendig, den Werbetext in seine Textbausteine zu zerlegen, da jeder Textbaustein ein bestimmtes kommunikatives Ziel ansteuert und damit eine bestimmte werbespezifische Sprachverwendung erwarten läßt.
Es kann davon ausgegangen werden, daß nicht jede Werbebotschaft alle Textbausteine enthält, d. h. das Textmuster kann mehr oder weniger vollständig realisiert werden. Werbetexte sind insofern eine sehr freie, flexible Textsorte - weniger rigide als beispielsweise Kochrezepte (siehe Gudrun Langer, die die Gebrauchstextsorten Klappentext, Patienteninformation, Garantieerklärung und Kochrezept textgrammatisch untersucht). Diese Flexibilität und 'Offenheit' der Textsorte Werbeanzeige stellt den Textbegriff von Beaugrande/Dressler in Frage. Die Autoren definieren Text als "eine kommunikative Okkurrenz (engl. occurrence), die sieben Kriterien der Textualität erfüllt" (Beaugrande und Dressler 1981:3). Eine Erfüllung aller sieben Kriterien der Textualität ist bei Werbeanzeigen oft nicht gegeben, weshalb sie nach Beaugrande/Dressler als nicht-kommunikative Texte, d. h. als Nicht-Texte gelten. Es existieren beispielsweise Typen von Werbetexten, "wo das durch den Textanfang (oder Anfang der Bildfolge) suggerierte Thema so gut wie nichts mit dem intendierten Thema zu tun hat", wodurch die Kohärenz (im Sinne von kognitiven Zusammenhängen) als Kriterium nicht erfüllt ist (Vater 1992:95). Ebenso erfüllen wortlose Werbebotschaften (die z. T. nur mittels Symbolen und Farbsymbolik funktionieren) die Textualitäts-Kriterien nicht und wären insofern "Nicht-Texte".
Werbetexte bestehen aus verschiedenen Elementen oder Textbausteinen, welche wiederum unterschiedliche kommunikative Funktionen erfüllen. Preisangaben und Kaufaufforderungen erscheinen beispielsweise 1953 häufig im Insert oder Deranger, sie 'stören' die Harmonie der Anzeige und werden deshalb schneller bemerkt und besser erinnert als eine Zahl oder ein kurzer Satz im Fließtext. Werbetexte sind 1953 informative Texte, weshalb sich Attribuierungen zur potentiellen Konsumentin 1953 vor allem in der Bodycopy finden, da hier über das Produkt und die zukünftige Produktverwenderin informiert wird. Die Mehrzahl moderner Werbeanzeigen haben entweder keine oder nur eine sehr kurze Bodycopy, weshalb Attribuierungen zur Frau 1993 nur vereinzelt in der Bodycopy, häufiger in der Headline, im Slogan/Logo-Slogan oder Insert vorkommen. Eine umfassende pragmalinguistische Untersuchung der kommunikativen Ziele von Textbausteinen kann im Rahmen dieses Beitrages nicht geleistet werden.